Gestaltung am Bau: Thomaskirche
Gestaltung am Bau - Thomaskirche
Die aus einem Wettbewerb hervorgegangenen, hier vorliegenden Lösungen umfassen die zwei Teile im Innen- und Aussenbereich.
Zum Aussenbereich:
Gemäss Juryauftrag der evangelisch reformierten Teilkirchgemeinde Meggen-Adligenswil-Udligenswil (Wettbewerb - Kunst am Bau - 2005) müsse die Thomaskirche als reformierte Kirche auf Sichtdistanz wahrnehmbar sein, weil sie in der neuen Zentrumsüberbauung als solche schlecht erkennbar sei.
Ich interpretierte diesen Teil der Gestaltungsaufgabe hauptsächlich als Problem im Bereich der visuellen Kommunikation. Um die Geschlossenheit und Klarheit der Architektur nicht zu beeinträchtigen, habe ich mich für eine Reduktion auf einfachste bildnerische Mittel entschieden - eine Gestaltung mit linearen Elementen, die formal und inhaltlich auf die Kirche und ihren Schutzpatron Thomas Bezug nehmen. So verweist z.B. das Hochziehen der ersten Vertikalen (eine Art Trennlinie) des Buchstabens „m" des Schriftzugs ,thomas" auf die etymologische Bedeutung von ,thomos" (gr.trennen) und greift die genau darunter liegende Drehachse, die Kreuzvertikale der Eingangstür (auch eine Art Trennwand zwischen Hineingehenden und Herauskommenden) auf. Diese hochgezogene Vertikale bildet gleichzeitig die Längsachse des 1.Thomaskreuzes (T, das phönizische Tau). Der Hahn, aufgebaut auf einem Quadrat mit dem darin enthaltenen 2. Thomaskreuz (Zwillingsmotiv - vergl. weiter unten), schaut in der gegenwärtigen Fixation auf die am Thomastag (21.Dezember) aufgehende Sonne, verkündet als erster das neue Lichtjahr.
Zum Innenbereich:
Wie schon oben erwähnt, versuchte ich mich auch im Innenbereich an die Architektur und an die Thomasthematik heranzutasten (Vergleiche: Abbildung 5 (1 – 6) - semantische Bezüge) und die Gestaltung eher im strengen, rationalen Sinne auszuführen, der auch in meinen Modularbeiten „Lend skab“ zu finden ist. Von der Architektur wollte ich Material (Beton soll mittels Lasurtechnik nicht zugedeckt werden, sondern noch "atmen" können), Struktur (Aufgreifen der Dimensionen und Proportionen der gegossenen Plattenmodule), Lichtführung (Hauptlicht und Führungslicht, durch Sonnenbahn und Oberlicht erzeugte Licht- und Schattenprojektionen, Abb.4) und Raumkonzeption (Ausrichtung, Altarzone,...) in die Gestaltung integrieren. Die z.B. im Wandbild von links oben nach rechts fallenden Diagonalen sind die Grenzlinien zwischen Licht und Schatten, die durch das Oberlicht einfallende Sonnenlicht, genau am Mittag des Thomastags, beziehungsweise bei Tag-Nacht-Gleichheit und am längsten Tag, erzeugt werden.
Zu Thomas: In der Thomasnacht dreimal mit dem linken Fuss gegen die Bettstatt treten und dabei rufen:„Bettstaffel ich tritt dich/Heiliger Thomas ich bitt dich /Lass mir erscheinen /Den Allerliebsten meinen“ – sich dann verkehrt ins Bett legen und im nachfolgenden Traum wird sich der zukünftige Ehepartner verraten. Dieses nordische Partnerwahl Rezept und viele andere, ältere Bräuche, Glauben und Aberglauben mehr, weisen auf Zuversicht und Hoffnung am Wendepunkt des Sonnenjahres hin. Dunkelheit und Kälte schwinden, Schatten werden wieder kürzer, Licht schafft Klarheit, spendet neues Leben, Unbewusstes tritt ins Bewusstsein. Unter den Aposteln gilt Thomas als der Zweifler, der erst glaubt, wenn er begreifen kann. Als Empiriker setzt er auf seine wachen Sinne, erfährt die Wahrheit nur durch diese, vor allem durch seinen Tastsinn. Wie ein Kleinkind, das seine ersten Erfahrungen durch Tasten, Berühren zu Begriffen formt, wird auch Thomas als der ,,Begreifende" dargestellt (vergleiche Caravaggios Thomasbild). Berühren schafft Vorstellungen, Tat-Sachen - das „noli me tangere“ ist hier aufgehoben. Als Empiriker ist er der Rationalist, der Aufklärer, Lichtbringer (Licht - die Metapher der Ratio, der Aufklärung). lm phönizischen Alphabet ist das "Tau" (T - unser Thomaskreuz) der letzte Buchstabe, der Wendepunkt hin zum Anfang. Etymologisch weisen das aramäische Te'oma, das hebräische "Didimus" - Zwilling oder das griechische "thomos" - Teilung - in dieselbe Richtung. In Zwilling erscheint auch Zweiteilung, Zwielicht, Dualismus von Hell und Dunkel, Teilung des Sonnenjahres in Altes und Neues. In diesem Sinne wurde Thomas, meines Erachtens nicht ganz fälschlicherweise, früher auch schon als der Zwillingsbruder von Jesus (der Lichtbringer) bezeichnet. Interessanterweise ist der Thomastag auf den 21. Dezember gesetzt, also auf den Wendepunkt des Sonnenjahres, dem Beginn von Feiern und Festen bei vielen Völkern und Kulturen, hauptsächlich der vom Äquator entfernteren Gebiete, die das Erheben der Sonne von ihrem tiefsten Punkt stark erleben und als Sinnbild für neues Leben, Auferstehung sehen.
Zur Farbtechnik:
Seit längerer Zeit beschäftigt mich in einem Teilbereich meiner gestalterischen Tätigkeit - in der sog. Serie ,,lend skab" - die Auswirkung von Farbmaterie und Farbtönen auf unseren Vorgang des Sehens und Empfindens (speziell auch die Ausgreifung auf unser Raumempfinden). Dabei werden aufgetragene Farbschichten geschabt, geschält (skab, sqap, skapos, skepton), abgetragen: die Überbleibsel erzeugen die Farbigkeit. Hier ist es umgekehrt: Die Farben (nur Primärfarben) sind Schicht um Schicht (mit weissen Zwischenlasuren teilweise bis zu 12 Schichten) mit Schwamm sehr dünn aufgetragen, addiert.
Hans Glanzmann. 2006
Die aus einem Wettbewerb hervorgegangenen, hier vorliegenden Lösungen umfassen die zwei Teile im Innen- und Aussenbereich.
Zum Aussenbereich:
Gemäss Juryauftrag der evangelisch reformierten Teilkirchgemeinde Meggen-Adligenswil-Udligenswil (Wettbewerb - Kunst am Bau - 2005) müsse die Thomaskirche als reformierte Kirche auf Sichtdistanz wahrnehmbar sein, weil sie in der neuen Zentrumsüberbauung als solche schlecht erkennbar sei.
Ich interpretierte diesen Teil der Gestaltungsaufgabe hauptsächlich als Problem im Bereich der visuellen Kommunikation. Um die Geschlossenheit und Klarheit der Architektur nicht zu beeinträchtigen, habe ich mich für eine Reduktion auf einfachste bildnerische Mittel entschieden - eine Gestaltung mit linearen Elementen, die formal und inhaltlich auf die Kirche und ihren Schutzpatron Thomas Bezug nehmen. So verweist z.B. das Hochziehen der ersten Vertikalen (eine Art Trennlinie) des Buchstabens „m" des Schriftzugs ,thomas" auf die etymologische Bedeutung von ,thomos" (gr.trennen) und greift die genau darunter liegende Drehachse, die Kreuzvertikale der Eingangstür (auch eine Art Trennwand zwischen Hineingehenden und Herauskommenden) auf. Diese hochgezogene Vertikale bildet gleichzeitig die Längsachse des 1.Thomaskreuzes (T, das phönizische Tau). Der Hahn, aufgebaut auf einem Quadrat mit dem darin enthaltenen 2. Thomaskreuz (Zwillingsmotiv - vergl. weiter unten), schaut in der gegenwärtigen Fixation auf die am Thomastag (21.Dezember) aufgehende Sonne, verkündet als erster das neue Lichtjahr.
Zum Innenbereich:
Wie schon oben erwähnt, versuchte ich mich auch im Innenbereich an die Architektur und an die Thomasthematik heranzutasten (Vergleiche: Abbildung 5 (1 – 6) - semantische Bezüge) und die Gestaltung eher im strengen, rationalen Sinne auszuführen, der auch in meinen Modularbeiten „Lend skab“ zu finden ist. Von der Architektur wollte ich Material (Beton soll mittels Lasurtechnik nicht zugedeckt werden, sondern noch "atmen" können), Struktur (Aufgreifen der Dimensionen und Proportionen der gegossenen Plattenmodule), Lichtführung (Hauptlicht und Führungslicht, durch Sonnenbahn und Oberlicht erzeugte Licht- und Schattenprojektionen, Abb.4) und Raumkonzeption (Ausrichtung, Altarzone,...) in die Gestaltung integrieren. Die z.B. im Wandbild von links oben nach rechts fallenden Diagonalen sind die Grenzlinien zwischen Licht und Schatten, die durch das Oberlicht einfallende Sonnenlicht, genau am Mittag des Thomastags, beziehungsweise bei Tag-Nacht-Gleichheit und am längsten Tag, erzeugt werden.
Zu Thomas: In der Thomasnacht dreimal mit dem linken Fuss gegen die Bettstatt treten und dabei rufen:„Bettstaffel ich tritt dich/Heiliger Thomas ich bitt dich /Lass mir erscheinen /Den Allerliebsten meinen“ – sich dann verkehrt ins Bett legen und im nachfolgenden Traum wird sich der zukünftige Ehepartner verraten. Dieses nordische Partnerwahl Rezept und viele andere, ältere Bräuche, Glauben und Aberglauben mehr, weisen auf Zuversicht und Hoffnung am Wendepunkt des Sonnenjahres hin. Dunkelheit und Kälte schwinden, Schatten werden wieder kürzer, Licht schafft Klarheit, spendet neues Leben, Unbewusstes tritt ins Bewusstsein. Unter den Aposteln gilt Thomas als der Zweifler, der erst glaubt, wenn er begreifen kann. Als Empiriker setzt er auf seine wachen Sinne, erfährt die Wahrheit nur durch diese, vor allem durch seinen Tastsinn. Wie ein Kleinkind, das seine ersten Erfahrungen durch Tasten, Berühren zu Begriffen formt, wird auch Thomas als der ,,Begreifende" dargestellt (vergleiche Caravaggios Thomasbild). Berühren schafft Vorstellungen, Tat-Sachen - das „noli me tangere“ ist hier aufgehoben. Als Empiriker ist er der Rationalist, der Aufklärer, Lichtbringer (Licht - die Metapher der Ratio, der Aufklärung). lm phönizischen Alphabet ist das "Tau" (T - unser Thomaskreuz) der letzte Buchstabe, der Wendepunkt hin zum Anfang. Etymologisch weisen das aramäische Te'oma, das hebräische "Didimus" - Zwilling oder das griechische "thomos" - Teilung - in dieselbe Richtung. In Zwilling erscheint auch Zweiteilung, Zwielicht, Dualismus von Hell und Dunkel, Teilung des Sonnenjahres in Altes und Neues. In diesem Sinne wurde Thomas, meines Erachtens nicht ganz fälschlicherweise, früher auch schon als der Zwillingsbruder von Jesus (der Lichtbringer) bezeichnet. Interessanterweise ist der Thomastag auf den 21. Dezember gesetzt, also auf den Wendepunkt des Sonnenjahres, dem Beginn von Feiern und Festen bei vielen Völkern und Kulturen, hauptsächlich der vom Äquator entfernteren Gebiete, die das Erheben der Sonne von ihrem tiefsten Punkt stark erleben und als Sinnbild für neues Leben, Auferstehung sehen.
Zur Farbtechnik:
Seit längerer Zeit beschäftigt mich in einem Teilbereich meiner gestalterischen Tätigkeit - in der sog. Serie ,,lend skab" - die Auswirkung von Farbmaterie und Farbtönen auf unseren Vorgang des Sehens und Empfindens (speziell auch die Ausgreifung auf unser Raumempfinden). Dabei werden aufgetragene Farbschichten geschabt, geschält (skab, sqap, skapos, skepton), abgetragen: die Überbleibsel erzeugen die Farbigkeit. Hier ist es umgekehrt: Die Farben (nur Primärfarben) sind Schicht um Schicht (mit weissen Zwischenlasuren teilweise bis zu 12 Schichten) mit Schwamm sehr dünn aufgetragen, addiert.
Hans Glanzmann. 2006